Aufschrei in der Radiobranche Deutschen Sendern droht das UKW-Aus
Ab kommender Woche könnten zahlreiche Radiosender in Deutschland verstummen: Hinter den Kulissen streiten Dienstleister mit Antennen-Betreibern um die Gebühren. Schlimmstenfalls, so heißt es, wären bis zu zehn Millionen deutsche Radiohörer betroffen.
In einem Streit um die Bezahlung von UKW-Übertragung drohen Dienstleister mehreren großen Radiosendern mit einer Abschaltung. Das Unternehmen Media Broadcast kündigte an, in der kommenden Woche alle Sender stumm zu schalten, die den geforderten Bedingungen nicht rechtzeitig nachkommen wollen.
Hintergrund des Streits ist, dass Media Broadcast sich aus dem Geschäft mit den terrestrischen UKW-Antennen und Sendeanlagen zurückziehen will. Der Sendebetrieb wird von Media Broadcast nur noch übergangsweise bis zur Jahresmitte aufrechterhalten. Anschließend sollen Sendenetzbetreiber wie Uplink aus Düsseldorf und Divicon aus Leipzig die Ausstrahlung der Radioprogramme für die zahlreichen betroffenen Stationen übernehmen. Die erforderlichen Antennenanlagen wurden zuvor bereits an mehrere Investoren verkauft. Die neuen Eigentümer fordern jedoch nach der Übernahme der Antennen deutlich höhere Preise für die Nutzung.
Die Folge: Wenn sich die Radiobetreiber nicht binnen Tagen mit ihren neuen Sendedienst-Anbietern einigen können, wären die betroffenen Stationen schlimmstenfalls fürs Erste nicht mehr empfangbar – zumindest nicht über die terrestrisch ausgestrahlten Funksignale der Ultrakurzwelle (UKW), dem wichtigsten Frequenzbereich deutscher Radiosender.
Verkaufte Antennen, unklare Gebühren
„Bis zu zehn Millionen Hörer könnten schon ab Mittwoch von einer Abschaltung ihrer UKW-Radiosender betroffen sein“, sagte Media-Broadcast-Chef Wolfgang Breuer der „Welt“. Neben verschiedenen privaten Radiosendern droht auch großen Anbietern wie etwa dem MDR, dem NDR in Mecklenburg-Vorpommern und dem Deutschlandradio die UKW-Abschaltung. Die betroffenen Sender betreiben keine eigene Sende-Infrastruktur, sondern haben Uplink und Divicon beauftragt. Diese Firmen müssen mit den neuen Antennenbetreibern jedoch noch die Mietgebühren für die Nutzung der Sendeanlagen aushandeln, was bislang nicht gelungen ist.
Beim Norddeutschen Rundfunk (NDR) blickt man nach eigenen Angaben „mit Sorge“ auf die Entwicklung. „Unsere Hörerinnen und Hörer in Mecklenburg-Vorpommern dürfen nicht Opfer finanzieller Verhandlungen von technischen Dienstleistern werden“, sagte Sprecher Martin Gartzke. „Wir hoffen auf einen zügigen und konstruktiven weiteren Verlauf und Abschluss der Verhandlungen.“
„Ein bisschen Erpressung“
Betroffen von einer solchen Abschaltung wären jedoch auch zahlreiche kleinere Radiosender – für die ein solcher Schritt im Gegensatz zu den großen Sendeanstalten schnell existenzbedrohlich werden kann. Der Geschäftsführer des hessischen Privatsenders FFH, Hans-Dieter Hillmoth, etwa sprach von einem großen Poker um Verträge und Preise und nannte die Ankündigung eine Drohgebärde. „Letztlich ist das auch ein bisschen Erpressung.“
Seine Sendergruppe Hit Radio FFH habe pro Jahr etwa 2,5 Millionen Euro Senderkosten, erklärte Hillmoth. Die Antennenbesitzer verlangten nun teilweise bis zu 50 Prozent mehr, was für die rein über Werbung finanzierten Sender ein massives Problem darstelle. 80 Prozent der Radiohörer empfingen ihre Programme derzeit noch über UKW, fügte er hinzu. Entsprechend groß wäre der öffentliche Aufschrei, wenn es am Ende doch zu einer vorübergehenden Abschaltung käme.
Scharfe Kritik an den Drohszenarien von Media Broadcast kam auch von öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten wie dem Deutschlandradio: „Der Ausfall von UKW-Frequenzen ist vermeidbar und für Deutschlandradio nicht akzeptabel“, sagte dessen Verwaltungs- und Betriebsdirektor Rainer Kampmann. Sein Haus werde alle nötigen Schritte einleiten, um die UKW-Verbreitung sicherzustellen.
Letzte Frist bis Montagvormittag
Erste Anzeichen für eine gütliche Einigung vor Fristablauf machen indes Hoffnung: Damit die Beteiligten mehr Zeit für die Preisverhandlungen haben, erklärte sich Media Broadcast unter bestimmten Bedingungen bereit, noch bis Ende Juni den Betrieb von UKW zu gewährleisten. Dazu müsse das Unternehmen allerdings mit der Weiterverbreitung beauftragt werden – entweder von den Radioanbietern oder den neuen Sendernetzbetreibern.
Bislang seien bei Media Broadcast aber nur die Aufträge von einem Viertel der 40 betroffenen Radioveranstalter eingegangen, hieß es. Es gebe jetzt noch eine letzte Frist bis Montagvormittag. „Wer sich bis dahin nicht gemeldet hat, wird am Mittwoch abgeschaltet“, sagte Unternehmenschef Breuer der „Welt“.
Deutschlandradio-Vertreter Kampmann forderte alle Seiten dazu auf, „unverzüglich ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen und die nach dem Verkauf der UKW-Infrastruktur noch offenen Vertragsfragen schnellstmöglich zu klären.“ Die Radiosender sehen die Bundesnetzagentur und das Bundeskartellamt ebenso wie die Politik in der Pflicht – sie sollen den massiven Auswirkungen des UKW-Antennenverkaufs entgegenwirken.
Sollte es „wider Erwarten“ doch zu Störungen oder Ausfällen kommen, drohte Kampmann auch den Dienstleistern auch rechtliche Schritte an. „Wir tun alles, um eine mögliche Abschaltung zu verhindern.“
Quelle: www.n-tv.de